"" Status epilepticus in der Spätschwangerschaft - Eklampsie oder
Subarachnoidalblutung?

Klinik für Anästhesiologie
(Direktor: Univ.-Prof Dr. med. W. Dick),
Johannes-Gutenberg-Universität, Mainz
*Abteilung Akutneurologie (Leiter: PD Dr. med. T. Henze).
Kliniken Schmieder, Allensbach
Abteilung Neurochirurgie (Chefarzt: Dr. rned. W. PÖII).
St. Elisabethen-Krankenhaus, Ravensburg
Frauenklinik (Chefarzt: Prof Dr. rned. H. Schillinger) und
Institut für Anästhesiologie (Chefarzt: Prof. Dr. med. C. Hack),
Hegau-Klinikum. Singen/Hohentwiel

Zusammenfassung. Eine 3ljährige Primipara erleidet bei
weitgehend unauffälligem Schwangerschaftsverlauf i m dritten
Trimenon einen Status epilepticus, der i m Rahmen der notärztlichen Behandlung nicht durchbrochen werden kann. Nach
stattgehabter Aspiration wird unter der Diagnose Eklampsie in
einem Haus der Zentralversorgung unverzüglich eine NotfallSchnittentbindung durchgeführt. Bei einem postoperativ auftretenden pathologischen Reflexmuster wird mittels kranialer
Computertomographie eine Subarachnoidalblutung diagnostiziert. Das ursächliche Aneurysma der A. pericallosa wird anschließend neurochirurgisch versorgt. Die Eklampsie stellt die
bedeutendste Ursache epileptischer Anfälle während der
Schwangerschaft dar. Differentialdiagnostisch sind stets auch
andere Ursachen in Betracht zu ziehen, insbesondere wenn
anamnestisch keine Hinweise für eine Schwangerschaftsgestose vorliegen.
Schlüsselwörter: Subarachnoidalblutung - Eklampsie
Schwangerschaft - Aspiration - Status epilepticus

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Epileptic Seizure During the Late Stage o f Pregnancy
Eclampsia o r Subarachnoid Haemorrhage? Case Report.
After a largely inconspicuous pregnancy, a 31-year old primiPara suffered from a Status epilepticus in the third trimenon.
The convulsions could not be terminated by emergency medical
Services, resulting in aspiration of gastric contents. Assuming
eclampsia. an emergency caesarean section was performed immediately in a central hospital. Postoperatively. a pathological
Pattern of tendon reflexes was noticed. A CT scan revealed subarachnoid haemorrhage. The causal aneurysm of the right A.
pericallosa was clipped subsequently. Eclampsia is the leading
cause of epileptic seizures during pregnancy. However, a different aetiology should always be considered, especially i f rnedical
history does not reveal Symptoms of pre-eclampsia.

Key Words: Subarachnoid haemorrhage - eclampsia - pregnancy - aspiration - epileptic state

vorliegende I<asuistil< beschreibt die Versorgung einer
Schwangeren, bei der eine zunächst nicht erkannte Subarachnoidalblutung (SAB) i m dritten Trimenon zu einem
Status epilepticus führte, so daß eine Notfall-Schnittentbindung und eine Frühoperation des ursächlichen Aneurysmas
durchgeführt werden mußten. Die jeweiligen ArbeitsdiagnoSen waren prägend für die Behandlung während der einzelnen
Versorgungsphasen. Neben Meningitis, Enzephalitis, Hirntumoren. Hirnblutungen. Sinusvenenthrombosen und Intoxikationen ist es wichtig, auch eine SAB als seltene Differentialdiagnose zur Eklampsie i n Betracht zu ziehen.
Erste Versorgungsphase: Notarzteinsatz
Bei einer 3ljährigen gesunden Primipara kommt es i m letzten
Trimenon bei sonst unauffälliger Schwangerschaft zur Ausbildung von Unterschenkelödemen ohne subjektive Beschwerden. I n der 34. Schwangerschaftswoche (SSW) wird sie
eines Nachts gegen 02.00 Uhr von ihrem Ehemann in einem
anhaltenden „Krampfzustandu bewußtlos aufgefunden. Der
Notarzt kann den diagnostizierten I<rampfanfall (Glasgow
Coma Scale(GCS)-Wert: 6) durch l<umulative Gabe von 40 m g
Diazepam nicht durchbrechen. Er transportiert die Patientin
in das nächstgelegene Krankenhaus der Grundversorgung.
dann i n die Frauenklinik des naheliegenden Zentralklinikums.
Zweite Versorgungsphase: Notfall-Sectio
Die Patientin wird u m 3.40 Uhr i m Klinikum übernommen
und unter der gynäl<ologischen Arbeitsdiagnose Eklampsie
unverzüglich für eine Notfall-Sectio vorbereitet. Bei Eintreffen
des diensthabenden Anästhesisten (Alarmierung 4.05 Uhr) ist
die bis dahin nicht intubierte Patientin bewußtlos, blaß.
tachykard und passager tachypnoisch (GCS: 6). Über beiden
Lungen lassen sich grobe Rasselgeräusche auskultieren. Gesicht. Haare und Oberkörper sind m i t Erbrochenem verschmiert. Generalisierte tonisch-klonische Krämpfe bestehen
fort. Laborwerte liegen nicht vor.

Krampfanfallen i n der Spätschwangerschaft liegt nach epidemiologischen Daten zumeist eine Eklampsie zugrunde. Die

Nach Blitzintubation i n typischer Weise (Pancuroniumbromid
1 mg. Thiopental 500 m g und Succinylcholin 80 m g bei einem
geschätzten Körpergewicht von 80 kg) wird die Patientin u m
04.22 Uhr von einem hypertrophen männlichen Neugeborenen entbunden, das wegen Atemnotsyndroms J - 11" i n die
Kinderklinik des Hauses verlegt wird.

Anästhesiol. Intensivmed.Notfallmed. Schmerzther. 1997;32:380-384
O Georg Thieme Verlag Stuttgart .New York

Die Operation kann komplikationslos weitergeführt werden.
M i t der anästhesiologischen Arbeitsdiagnose Aspiration wird
die Narkose als balanced anaesthesia unter Verwendung von

Einleitung

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A. Michalsenl, T. Henze2, D. Wagner3. H. Schillingefl,
K. Engels5

Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schrnerzther. 1997;32 381

Sauerstoff und Lachgas (1 : 1). Halothan (bis 1,O Vol.%) und
Beatmung mit positivem endexspiratorischen Druck (5 bis
8 cm H,O) durchgeführt. Die Patientin wird mehrfach endobronchial abgesaugt. Der Ausgleich der kurz nach Entbindung
diagnostizierten vermutlich primär respiratorischen Azidose
(pH 7,25; PaC02 48.9 mmHg; PaO, 107 mmHg: BE -6,2 mmol/
1; SaO, 96,8%) erfolgt mit 150mI Natriumbicarbonat 4,2%;
außerdem werden Ceftriaxon und Metronidazol verabreicht.
Nach Plazierung eines zentralen Trilumenvenenkatheters
wird die Patientin nach Operationsende aufgrund der stattgehabten Aspiration kontrolliert beatmet auf die Operative
lntensivstation des Hauses verlegt.

Abb.1 Präoperatives cCT mit aufgeweiteten Seitenventrikeln, Blut irn
vorderen Interhemisphärenspalt.
tamponierter und
aufgeweiteter
Cisterna pericallosa
und stark reduzierter Cyruszeichnung.

Dritte Versorgungsphase: postoperative lntensivtherapie
Bei Übernahme auf die Operative Intensivstation um 6.10 Uhr
ist die kontrolliert beatmete Patientin kardiozirkulatorisch
und respiratorisch stabil. Die Pupillen sind beidseits mittelweit und rund, reagieren aber nicht auf Lichtreiz. Bei Auskultation der Lungen fallt ein abgeschwächtes Atemgeräusch
rechts basal auf. Bei Schmerzreizen kommt es zu ungezielten
und seitengleichen Abwehrreaktionen. I<rampfäquivalente
werden nicht beobachtet. Das Zeichen nach BABINSI<I ist
beidseits negativ, es besteht ein allgemein und beinbetont
gesteigertes Reflexniveau.

Abb. 2 Präoperative arterielle Angiographie mit Nachweis eines gestielten Aneurysmas irn
Anfangsabschnitt
der A. pericallosa
rechts (s. Pfeil).

Therapeutisch erfolgen Oberkörperhochlagerung (30") und
Hyperventilation (angestrebter CO2-Partialdruck: 3035 mmHg). Neben Elektrolytlösungen werden Midazolam und
Fentanyl zur Analgosedierung verabreicht (5 mg/h bzw. bis zu
0,2 mg/h kontinuierlich i.v.). Diuretisch und antikonvulsiv
erhält die Patientin Dopamin (200 pglmin) bzw. Magnesium
(200mg/h) kontinuierlich mittels Perfusoren. Die Antibiotikagabe wird fortgeführt.
Folgende Laborparameter sind auffällig: Hb 9.0g/dl: Hämatokrit 27,6%; Leukozyten 20800/pI; I<alium i.S.3.6 mmol/l;
Kalzium i.S.1.93 mmol/l. Die Körpertemperatur und die übrigen laborchemischen Parameter (Hämatologie, Elektrolyte,
Blutgasanalyse, Gerinnung) liegen innerhalb der jeweiligen
Referenzbereiche.
Bei sonst unveränderten Befunden entwickelt sich während
der folgenden Stunden eine geringe Seitendifferenz der
Reflexe und der Schmerzabwehr. Nach Beiziehung des neurologischen I<onsiliarius wird daraufhin gegen 11.00 Uhr eine
kraniale Computertomographie (cCT) durchgeführt. Es finden
sich eine SAB mit Tamponade der aufgeweiteten Cisterna
pericallosa, ein geringes Hirnödem sowie ein grenzwertig
erweitertes Ventrikelsystem (Abb.1).
Vierte Versorgungsphase: neurochirurgische Operation und
Rehabilitation
Gegen 13.00 Uhr wird die Patientin in die nächste aufnahmebereite neurochirurgische Klinik verlegt. wo die zerebrale
Angiographie das vermutete Aneurysma der A. pericallosa
rechts bestätigt (Abb.2). Das Aneurysma wird am gleichen
Tag nach rechtsfrontaler Trepanation über einen interhemisphärischen Zugang geklippt, gefolgt von der Einlage einer
extrakorporalen Ventrikeldrainage rechts frontal. Aufgrund
verzögerter postoperativer Blutungsresorption und rezidivierender Infektionen (Lunge und ableitende Harnwege) ist eine

zweiwöchige maschinelle Beatmung erforderlich. Der über
die Ventrikeldrainage gemessene intrakranielle Druck liegt
während der 5tägigen Meßperiode jeweils unter 20mmHg.
Am 35. postoperativen Tag kann die Patientin in weitgehend
wachem und kontaktfahigem Zustand in eine Rehabilitationsklinik verlegt werden. Weitere drei Monate später ist sie
wieder in der Lage, sich vollständig selbst zu versorgen.
Orientierung, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Lernfähigkeit
sind zu diesem Zeitpunkt soweit wiederhergestellt. daß sie
nach Hause entlassen werden und die Versorgung ihres
gesunden Kindes großenteils selbst übernehmen kann. 18
Monate nach der SAB berichtet die Patientin. daß sie den
Jungen und den familiären Haushalt weitgehend selbständig
und uneingeschränkt versorge. Bei komplexen Außenreizen
bemerke sie allerdings eine gewisse Aufmerksamkeits- und
Konzentrationsschwäche. Die Motorik sei vollständig wiederhergestellt.
Diskussion

Die vorgestellte Kasuistik verdeutlicht exemplarisch. daß eine
für Notfalle typische Kargheit anamnestischer Angaben eine
erhebliche diagnostische Unsicherheit bewirken kann. Die
Notfalltherapie muß sich häufig auf Einzelbefunde und epidemiologische Daten stützen. so daß Polypragmasie und

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Eklampsie und Subarachnoidalblutung

382 Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 1997;32

Die notärztliche Strategie (Versorgungsphase I ) war unangemessen. Die Krampfanfalle wurden nicht durchbrochen. die
fortdauernde Bewußtseinstrübung beeinträchtigte unter anderem auch die Atmung und die bulbären Schutzreflexe. Das
mehrfache Erbrechen - das sich retrospektiv.durch die SAB
erklären Iäßt - führte dann zur Aspiration. Unabhängig von
der Genese stellen Bewußtseinsbeeinträchtigung und drohende bzw. stattgehabte Aspiration klare Intubationsindikationen
dar 11-41. Der dokumentierte GCS-Wert von 6 bringt ebenfalls eine schwere, in der Regel intubationspflichtige Zustandsbeeinträchtigung zum Ausdruck. Die Versorgungszeit
bis zur Aufnahme in das Zentralklinikum war zu lang. Dem
ortskundigen Notarzt mußte klar sein, daß das zunächst
angefahrene Krankenhaus der Grundversorgung aus strukturellen Gründen eine adäquate Betreuung der schwangeren
Patientin nicht gewährleisten konnte.
Nach Weiterverlegung und Aufnahme der Patientin in das
Zentralklinikum lag der therapeutische Schwerpunkt zunächst auf der operativen Entbindung (Versorgungsphase 2).
Anästhesiologisch war zu berücksichtigen, daß die lnzidenz
der schwierigen Intubation bei Schwangeren signifikant gegenüber Nichtschwangeren erhöht ist [2,3,5]. Im Sectio-OP
standen für die Narkoseführung als volatile Anästhetika
Halothan oder Enfluran zur Verfügung. Beide Substanzen
können den intrazerebralen Druck durch Dilatation der Hirngefaße erhöhen: dieser Effekt soll nach der Gabe von Barbituraten abgemildert sein [6]. Da Enfluran möglicherweise über
ein epileptogenes Potential verfügt, wurde Halothan verwendet, dessen bronchodilatatorischer Effekt außerdem im Hinblick auf die Aspiration erwünscht war [6]. Die Verwendung
von Lachgas und die prophylaktische Gabe von Antibiotika
nach Aspiration werden unterschiedlich beurteilt [3,6]. Bei
sicherer Kenntnis eines erhöhten Hirndrucks zum Zeitpunkt
der Narkose wäre auf Lachgas verzichtet worden. Die Entscheidung für die Antibiotikagabe fiel aufgrund des protrahierten und unklaren Verlaufes vor Kiinikaufnahme.
Die Therapie auf der Operativen Intensivstation (Versorgungsphase 3) sollte der Stabilisierung der vitalen Parameter sowie
der Prophylaxe erneuter Krampfanfalle und systemischer
Aspirationsfolgen dienen. Vorrangig erschienen unter den
aufrechterhaltenen Arbeitsdiagnosen Aspiration und Eklampsie die klinische und radiologische Oberwachung der
(Be-)Atmung und die antiltonvulsive Therapie: diese wurde
als kontinuierliche intravenöse Magnesiumapplikation durchgeführt (3, 6-81. Inzwischen konnte bezüglich der Rezidivprophylaxe eklamptischer Anfalle die Uberlegenheit von
Magnesium gegenüber Diazepam und Phenytoin wahrscheinlich gemacht werden 181. Eine Hirndruckerhöhung konnte auch aufgrund der Verwendung von Halothan - nicht mit
Sicherheit ausgeschlossen werden. Zugleich sollte der Entwicklung eines akuten Lungenversagens vorgebeugt werden.
Bei dem stabilen respiratorischen Zustand der Patientin fiel
die Entscheidung zugunsten einer vorübergehenden milden
Hype~entiiation.

Patientinnen mit vorbestehender Epilepsie erleiden zumeist
keine vermehrten Anfalle während einer Schwangerschaft.
Eine Anfallshäufung kann allerdings dann entstehen, wenn
Patientinnen die Einnahme ihrer Antil<onvulsiva aus Furcht
vor möglicher Teratogenität reduzieren oder aussetzen [9].
Epidemiologisch gesehen. ist die Eklampsie die häufigste
Ursache neu auftretender zerebraler Krampfanfalle oder alwter Bewußtseinsstörungen in der Spätschwangerschaft
[10,11]. Sie tritt in den Industrieländern in etwa 0.03% bis
0,05% aller Schwangerschaften auf [2.7,8]. Vorausgehende
Symptome sind Hypertonus. Proteinurie und Ödeme mit
Gewichtszunahme, gelegentlich auch Kopfschmerzen. zumeist ab der 20.SSW. Sehr junge und ältere Erstgebärende
( < 2 5 und > 3 5 Jahre). Multiparae sowie Schwangere mit
arteriellem Hypertonus. Diabetes mellitus und Nephropathien
sind überzufallig häufig betroffen [2.7.12]. Kommt es - wie
im vorliegenden Fall - ohne eine typische vorherige Symptomatik zu einer Serie epileptischer Anfälle oder einem
Status epilepticus. müssen differentialdiagnostisch immer
auch andere Ursachen erwogen werden (Tab. 1) [1.10.11].
Tab. 1

Differentialdiagnoseder Eklampsie [nach 101

Sinusvenenthrombose,Hirninfarkt. Hirnparenchyrnblutung, SAB
Hypertensive Enzephalopathie, Phäochromozytom
Meningitis, Enzephalitis
Hypoglykämie, Elektrolytstörungen, Intoxikation
Hirnturnor
Epilepsie

Die Entwicklung eines seitenungleichen Reflexmusters mehrere Stunden nach Operationsende veranlaßte eine Prüfung
der Diagnose und die nachfolgende konsiliarische Beiziehung
eines Neurologen. Die cm-Untersuchung wurde zunächst
zum Ausschluß eines ~ostembolischen Hirninfarktes oder
einer Hirnparenchymblutung durchgeführt, zeigte aber eine
SAB aufgrund einer Aneurysmaruptur. Erneut wird deutlich,
daß Notfalldiagnosen häufig nicht ausreichend anamnestisch
abgesichert sind und mitunter ein komplexes Erkrankungsoder Verletzungsmuster nur in Teilen erfassen. Eine SAB geht
in der Regel mit schlagartig einsetzenden und meist als
vernichtend empfundenen I<opfschmerzen. Übelkeit, Meningismus, neurologischen Herdsymptomen, Krampfanfallen
oder gar mit einer ausgeprägten vegetativen Dysregulation
und tiefem Koma einher [13.14]. Eine Eigenanamnese konnte
im vorliegenden Fall nicht erhoben werden; typische Symptome waren nach Angaben des Ehemanns vor dem Krampfzustand nicht aufgetreten. Eine Serie epileptischer Anfalle
oder ein Status epilepticus als Erstmanifestation einer SAB
sind allerdings selten. Die Zuordnung des Schweregrades folgt
klinisch in der Regel der Stadieneinteilung nach Hunt und
Hess [15]: der Zustand der Patientin entsprach Grad IV (Sopor.
vegetative Störungen). Die Inzidenz von SAB wird für die USA
mit 10 bis 30 Fällen pro 100000 Personen jährlich angegeben.
Die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu, Frauen sind häufiger
als Männer betroffen. Die Letalität wird auf 20% bis 25%
geschätzt [l3.16].
Eine SAB wird klinisch und mittels cCT diagnostiziert. Eine
Lumbalpunktion ist nur bei unauffälligem cCT indiziert. Bei

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gezielte kausale Maßnahmen nebeneinanderstehen. Die Arbeitsdiagnosen prägen dabei das therapeutische Vorgehen
während einzelner Versorgungsphasen. Zur Bewältigung unübersichtlicher und für Irrtümer anfälliger Notfallsituationen
sind .dabei I<ommunikation und Kooperation der verschiedenen Disziplinen unerläßlich.

A. Michalsen U. Mitarb.

fehlendem Nachweis zerebraler Vasospasmen mittels kranieller Dopplersonographie wird dann eine 4-Gefäß-Angiographie zur Darstellung der Blutungsquelle durchgeführt. Sofern
keine Vasospasmen oder ein ausgeprägtes Hirnödem vorliegen. bestehtdie Therapie in der operativen Ausschaltung der
Blutungsquelle (Aneurysmektomie) im Sinne einer Frühoperation innerhalb der ersten 72 Stunden nach der Blutung
[13,16.17].
Nach Diagnose der SAB wurde die Patientin so bald wie
möglich mit einem Rettungshubschrauber in eine regionale
Klinik mit neurochirurgischer Fachabteilung verlegt (Versorgungsphase 4). Die computertomographisch vermutete Lokalisation des Aneurysmas im Bereich der A. pericallosa wurde
angiographisch bestätigt. Diese Lokalisation ist selten und
betrifft lediglich etwa 2 % aller intrakraniellen Aneurysmen
[18]. Der postoperative Verlauf nach Aneurysmaklipping war
durch rezidivierende Infektionen kompliziert. die vermutlich
durch die ursprünglich stattgehabte Aspiration begünstigt
wurden. Die anschließende Rehabilitationsbehandlung verlief
dann komplikationslos. Allerdings bildeten sich die zunächst
verbliebenen Orientiemngsstörungen und kognitiven Defizite
nur zögerlich zurück. Gemessen am Schweregrad der initialen
SAB konnte insgesamt ein guter Therapieerfolg erzielt werden.
Während Schwangerschaften nimmt die Inzidenz der SAB zu,
besonders im letzten Trimenon; in den USA soll eine von
10000 Schwangeren betroffen sein [13.19]. Wahrscheinlich
begünstigen die kardiovaskulären Belastungen während der
Schwangerschaft die Entwicklung von Aneurysmen. Die Auslösung einer SAB durch Präeklampsie oder Eklampsie ist
bekannt [18]. Die Therapie eines rupturierten Aneurysmas in
der Gravidität richtet sich nach der Reife des Fötus. Vor der
26. SSW wird unter Fortführung der Schwangerschaft das
Aneurysma operativ geklippt. Tritt die SAB nach der 26. SSW
ein, ist zunächst eine Sectio indiziert. Die Aneurysmektomie
ist dann möglichst in der gleichen Narkose durchzuführen
[19]. Im vorliegenden Fall ist die SAB spät diagnostiziert
worden. Allerdings hätte aufgrund des Status epilepticus und
der Aspiration bei vermuteter Eklampsie die Notfallschnittentbindung in der Aufnahmenacht nicht aufgeschoben werden können, da alle regional erreichbaren neurochirurgischen
Abteilungen einen mehrstündigen bodengebundenen Transport erfordert hätten. Das insgesamt erfolgreiche operative
Vorgehen entsprach prinzipiell den genannten Empfehlungen,
erfolgte aber, dem Gebot der Stunde entsprechend, zweizeitig.
Zusammenfassung

Zusammenfassend führte bei der vorgestellten 3ljährigen
Patientin die Ruptur eines Pericallosa-Aneurysmas zu einem
Status epilepticus mit Erbrechen und nachfolgender Aspiration. Die Patientin war in der 34.Woche schwanger. Eine
Eigenanamnese war nicht und eine Fremdanamnese nur
bedingt möglich. Epidemiologischen Daten folgend. wurde
das Krankheitsbild aufgrund der klinischen Symptome und
der Schwangerschaft als Eklampsie gewertet. Nach protrahierter Verlegung in ein Zentralklinikum konnten dort die operative Schnittentbindung und die anästhesiologische Versorgung komplikationslos durchgeführt werden. Nach verzögerter Diagnose einer SAB aufgrund der Ruptur eines intrakraniellen Aneurysmas wurde die Patientin zur Aneurysmek-

Anästhesiol. Intensivmed. Notfallmed. Schmerzther. 1997;32 383
tomie in eine neurochirurgische Abteilung verlegt. Es ist
wichtig, bei Krampfanfallen in der Schwangerschaft - insbesondere wenn anamnestische oder klinische Zeichen für
eine Präeklampsie fehlen - neben der Eklampsie auch an
andere, allerdings seltenere Ursachen zu denken. In Notfällen
müssen ausführliche Anamnesen und Differentialdiagnosen
häufig gegenüber der Sicherung der Vitalfunktionen und der
situationsorientierten Behandlung zurücktreten. Gerade bei
komplexen Erkrankungs- oder Verletzungsmustern sollten
Überprüfung und Sicherung der Diagnose(n) dann aber bald
erfolgen, um eine kausale Therapie einzuleiten bzw. fortzusetzen. Dazu sind zielgerichtete Kommunikation und Kooperation der beteiligten Disziplinen unerläßlich.
Abkürzungen

SAB Subarachnoidalblutung
SSW Schwangerschaftswoche
GCS Clasgow Coma Scale
cCT kraniale Computertomographie

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Eklampsie und Subarachnoidalblutunq

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Dr. med. Klaus Engels
Institut für Anästhesiologie
Hegau-Klinikum
Virchowstr. 10
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l4 Henze T, Prange H: Diagnostik der Subarachnoidalblutung.

A. Michalsen U. Mitarb.